Sichere Radwege für alle statt Schmutzstreifen

Wir sind empört! Bei dem neuen Bauabschnitt der KMS soll weiterhin die völlig überholten Schutzstreifen zur Anwendung kommen.

Plötzlich soll es ganz schnell gehen – und das Mobilitätsgesetz mal wieder auf der Strecke bleiben?

Die Baustelle an der Karl-Marx-Straße rückt weiter nach Norden. Der letzte Teil des 3. Bauabschnitts im Sanierungsgebiet KMS liegt zwischen Weichselstraße und Fuldastraße. Die Arbeiten sollen hier im Februar 2020 beginnen und bis Sommer 2021 dauern. Wir freuen uns über diese effiziente Baustellenabwicklung sind aber fassungslos, dass erneut das Mobilitätsgesetz ignoriert wird. Stand jetzt wird nach Ende der Bauarbeiten eine nutzlose Radwegmarkierung anstatt eines baulich gestalteten Radwegs hergestellt. Die Chance die sich mit der Baustelle und Neugestaltung der KMS bietet wird erneut zu Ungunsten der ungeschützten Verkehrsteilnehmenden vertan.

Zu geringe Überholabstände, ständiges Kreuzen und Zuparken des Radstreifens sind bereits im südlichen Teil der KMS an der Tagesordnung.

Das können und wollen wir nicht akzeptieren!

Wir fordern den Senat und den Bezirk Neukölln die Planungen für den Bauabschnitt Weichsel-/Fuldastraße anzupassen und einen baulich getrennten Radweg vorzusehen. Außerdem ist an den Einmündungen zur Weichselstraße eine Gehwegüberfahrt/Aufpflasterung einzurichten.

Breite Halbbordradwege und ein Multifunktionsstreifen (Fahrradparken, Ladezone, usw.) anstatt gestrichelter Linien

Warum ist gerade diese Stelle so wichtig?

Die gesamte Karl-Marx-Straße zeigt, wie nutzlos Radfahrstreifen zum Radfahren sind. Die Unzulänglichkeiten können durch Poller und Protected Bike Lanes notdürftig abgemildert werden. Umso wichtiger ist es, beim Versetzen der Bordsteine gut gemachte, breite und sichtbare Hochbordradwege anzulegen. Die BVG wird in den nächsten Jahren die Tunneldecke der U7 bis zum Hermannplatz unter der KMS sanieren. Daher ergibt sich zwischen Weichselstraße und H-Platz auch die Möglichkeit für eine sichere und einladende Radinfrastruktur. Um die zukünftigen Planungen nicht zu konterkarieren, muss ab der Kreuzung Fuldastraße der Straßenquerschnitt dann bereits mit Hochbordradwegen angelegt werden.  

Klare Trennung des Fußweges vom Radweg
©forgiving curb, bicycle dutch https://bicycledutch.wordpress.com/2012/01/02/sustainable-safety/

2 comments on “Sichere Radwege für alle statt Schmutzstreifen”

  1. Jakob Antworten

    Die Planung ist definitiv ziemlich großer Mist mit zu schmalen Schutzstreifen und damit fehlendem Überholabstand. Die Breite des Schutzstreifens sollte auf jeden Fall so bemessen sein, dass sich automatisch ein Abstand von mindestens 1.5m zu einem auf der Spur daneben normal fahrendem LKW ergibt. Aber Hochbordradwege sind meiner Meinung nach definitiv keine bessere Lösung. Gerade beim Lieferverkehr ist es mir viel lieber, wenn der LKW 1x mit entsprechender Vorsicht die Fahrradspur überquert (ist ja gut im Rückspiegel einsehbar, keine Probleme durch toten Winkel) und nicht der Fahrer mit schweren Paketen/Möbeln/Sackkarre/Ameise 10x den Radweg überqueren muss und da möglicherweise nicht so genau schaut. Einige Lieferanten (besonders die, die angeblich „fahrradfreundlich“ links von Radfahrstreifen parken) lassen auch ihren Kram (Sackkarre etc.) mitten auf dem Radweg stehen oder blockieren z.B. zum Bedienen der Ladebordwand oder zum Ausladen durch eine seitliche Schiebetüre doch noch die Radspur. Gerade bei der vorgeschlagenen Alternativplanung ist dieses Problem vorprogrammiert (wo soll der Fahrer denn stehen zum Bedienen der Ladebordwand, direkt rechts neben dem 2.5m „Multifunktionsstreifen“ ist der Radweg). Dazu kommen Fußgänger (insbesondere auch Touristen, die mit dem Konzept „Radweg“ nicht vertraut sind), die nach dem Überqueren der Fahrbahn nicht mehr damit rechnen, dass plötzlich nahezu lautlos Fahrräder auf dem Radweg kommen.

    Ein weiteres Problem bei Hochbordradwegen ist natürlich (wie auch schon in der Vergangenheit) die Sicherheit insbesondere bezüglich Abbiegeunfällen bei Kreuzungen. Wirklich signifikant verbessern kann man das wohl nur durch konsequente Trennung der Ampelphasen und das führt in der Praxis dazu, das Fahrräder viel kürzer grün haben als Autos. Und das macht den Radverkehr unnötig langsam und unattraktiv, so dass die Leute doch wieder mit dem Auto fahren. Da ist eine überarbeitete Planung mit Schutzstreifen/Radfahrstreifen auf der Fahrbahn auf jeden Fall besser. Für einen ausreichenden Überholabstand könnte man einfach die Breite der Fahrradspur von 2m auf 3m erhöhen und dafür auf den Mittelstreifen verzichten.

    Das Problem mit den Falschparkern auf dem Schutzstreifen ist natürlich ein Argument und gerade in der Gegend ist das ein ganz erhebliches Problem. Aber das wird sich hoffentlich bald ändern, letzte Woche wurden endlich die neuen Bußgelder (und auch ein absolutes Halteverbot auf Schutzstreifen ohne 3-Minuten-Ausnahme) vom Bundestag beschlossen. Muss zwar noch durch den Bundesrat aber bis der Umbau fertig ist, ist das wahrscheinlich auch so weit. Wenn dann halbwegs regelmäßig kontrolliert wird (selbst halb so oft wie die Parkschein-Kontrollen würde reichen), dann hat sich das Problem wahrscheinlich ziemlich bald erledigt.

    Noch ein Kritikpunkt an der aktuellen Planung: Für den Nachtbus gibt es keine Haltestellenbucht, der soll also wahrscheinlich auf dem Schutzstreifen halten. Das muss wirklich nicht sein, besonders wenn es sich leicht vermeiden lässt. In dem Fall könnte man ohne weiteres die Haltestelle mit einer Ladezone kombinieren, also 23-7 Uhr Nachtbus-Haltestelle und 7-23 Uhr Ladezone.

    • Thomas Stein Antworten

      Hallo Jakob,

      danke für deine ausführliche Antwort. Was die Anlage von Radverkehrsanlagen in Neukölln (und Berlin) angeht, setzen wir ganz eindeutig kurzfristig auf Protected Bike Lanes und bei umfangreichen Straßenumbaumaßnahmen auf gut gemachte Hochbord/Halbbordradwege wie sie bspw. in den Niederlanden Gang und Gäbe sind (s. auch Bild im Artikel). Solche Anlagen bilden, in der Abwägung aller Vor- und Nachteile und vor allem der unterschiedlichen Sicherheitsbedürfnisse von verschiedenen Gruppen von Radfahrenden, am besten den gemeinsamen Nenner ab. Auch die Gefahrenlage an Knoten und Einmündungen können durch konsequente Anwendung von Gehwegüberfahrten und der Freihaltung von Sichtbeziehungen wesentlich minimiert werden. Reine Markierungslösungen sind nach unserer Ansicht kein geeignetes Element für eine Radverkehrsfördung, die auch unsichere Menschen fürs Radfahren in der Stadt gewinnen muss.

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